Den Schulen gehen die vollausgebildeten Lehrkräfte aus

Thomas Lippmann
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In den meisten Schulen im Land wird nicht nur viel weniger unterrichtet als noch vor knapp 10 Jahren, von dem heute noch geplanten Unterricht wird auch ein immer geringerer Teil von vollausgebildeten Lehrkräften erteilt. Das geht aus zwei Kleinen Anfragen (KA 8/1167 und Nachfragen dazu in der KA 8/1242) hervor, mit denen detaillierte Daten aus der aktuellen Unterrichtsstatistik des Bildungsministeriums erfragt wurden. Danach beträgt der Unterricht durch vollausgebildete Lehrkräfte, bezogen auf die jeweiligen Schülerzahlen und auf den Stand im Schuljahr 2013/14, an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im aktuellen Schuljahr nur noch etwas mehr als 60 Prozent. An den Grundschulen sind es knapp 75 Prozent und an den Gesamtschulen und den Förderschulen etwas mehr als 80 Prozent. Lediglich an den Gymnasien liegt das Unterrichtsangebot seit 2013/14 auf dem gleichen Niveau und derzeit auch noch zu über 90 Prozent in der Verantwortung von vollausgebildeten Lehrkräften. Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher, Thomas Lippmann:

»Durch die schwindende Verfügbarkeit vollausgebildeter Lehrkräfte wird in den Schulen der Fachkräftemangel der kommenden Jahre geradezu produziert. Das betrifft insbesondere die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, aus denen der größte Teil der Bewerber*innen für die duale Berufsausbildung kommt. Die Spaltung der Schülerschaft durch das Schulsystem mit noch unabsehbaren Folgen für die individuelle, gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung hat bereits eine gewaltige Dimension erreicht und schreitet weiter fort.

Auch wenn die Landesregierung seit einigen Jahren versucht, den Schaden durch kurzfristige Maßnahmen zu begrenzen, lässt sie zu grundlegenden Übeln die notwendigen Reaktionen vermissen. Das sind vor allem der unzureichende Ausbau der Lehramtsausbildung insbesondere an der Universität Magdeburg und die Überwindung der unbeliebten und gescheiteren Schulform Sekundarschule durch eine stärkere Profilierung und Unterstützung von Gemeinschaftsschulen als Alternative.

Lehrkräfte im Seiteneinstieg, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und Lehramtsstudierende sind heute unverzichtbar, um in vielen Schulen überhaupt noch den Unterricht an fünf Tagen in der Woche aufrechtzuerhalten. Etwa jede achte Unterrichtsstunde wird in den allgemeinbildenden Schulen bereits von ihnen erteilt – Tendenz steigend! An den Sekundar- und Gesamtschulen ist es schon jede siebende Unterrichtsstunde und an den Gemeinschaftsschulen bereits schon mehr als jede fünfte Unterrichtsstunde, in denen keine pädagogisch und didaktisch ausgebildete Lehrkraft mit einer entsprechenden Lehrbefähigung oder zumindest einer Unterrichtserlaubnis vor den Schüler:innen steht.

Die Lehrkräfte ohne Ausbildung als Lehrkraft brauchen für eine erfolgreiche Ausübung des Berufes neben einer nachholenden Qualifikation in ihrem Schulalltag vor allem die Unterstützung und Motivation durch ihre Kolleg:innen mit vollständiger Ausbildung und Berufserfahrung. Stehen von denen immer weniger zur Verfügung, werden noch mehr Lehrkräfte an den Herausforderungen von Unterricht und Erziehung scheitern und den Schuldienst frühzeitig wieder verlassen. Schon heute ist das jede Dritte der mühsam gewonnenen Lehrkräfte im Seiteneinstieg.

Die Maßnahmen, die der Ministerpräsidenten auf dem eilig einberufenen Schulgipfel verkündet hat, sind in Bezug auf die Dimension der Probleme völlig unzureichend oder sogar kontraproduktiv. Auf dieser Basis wird keine grundlegende Wende, geschweige denn der vollmundig versprochene Lückenschluss in der Unterrichtsversorgung gelingen. Sehr viele gesellschaftliche Akteure haben sich inzwischen in großer Sorge zur Situation geäußert und haben in einer ganzen Reihe von Positionspapieren kluge und umsetzbare Lösungen präsentiert. Wenn sich schon die Landesregierung damit nicht oder nur unwillig beschäftigt, ist es die Aufgabe des Bildungsausschusses, die Diskussion mit den Initiatoren zu suchen und ernsthaft über die Lösungsvorschläge zu beraten. Wie dies geschehen kann, muss in der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses besprochen und vereinbart werden.«