Nicht beim Alarmiert-Sein stehen bleiben, sondern beim Handeln

Henriette Quade
PressePresserklärungen DIE LINKE. im Landtag Henriette Quade

Zur heute veröffentlichten Statistik der politisch motivierten Straftaten erklärt die innenpolitische Sprecherin der Faktion DIE LINKE, Henriette Quade:

»Die heute vorgestellten Zahlen bestätigen die Erfahrungen vieler: Die extreme Rechte bedroht auf vielfältige Weise. Sie schürt den Hass im Netz, sie trägt ihn auf die Straße, sie greift Menschen konkret an.

Die Zahlen belegen das, was vielerorts in den vergangenen Monaten auch in Sachsen-Anhalt zu sehen war. Die Bewegung der sogenannten Coronaleugner sind ein wichtiges Mobilisierungsfeld für die extreme Rechte, ihre Akteure vernetzen lokale Initiativen und sie befördern die massive Radikalisierung dieser Szene. Das zeigt sich an einer ungeheuer großen Zahl entsprechender Demonstrationen, es zeigt sich an einer gestiegenen Zahl von politisch motivierten Straftaten mit Tatort Internet, es zeigt sich auch an einer Zunahme rechter Gewalttaten und insbesondere antisemitischer Straftaten.

Mittlerweile sind 70 Prozent aller politisch motivierten Straftaten rechts motiviert. Die Zahl der Gewalttaten ist gestiegen, ebenso gibt es eine deutliche Zunahme antisemitischer Straftaten. Diese Zahlen gehören zusammen. Der Hass im Netz und auf den Straßen bestätigt rechte Gewalttäter, liefert ihnen Ansporn und Legitimation, befördert Gewalt. Auch deshalb ist die Idee zurückgezogen radikalisierter Einzeltäter grundfalsch.

Die Zahlen dürfen deswegen nicht nur alarmieren - sie müssen umso mehr zu der Frage führen, wie Polizei und Justiz mit diesen Straftaten umgehen, welche Bedürfnisse die Betroffenen haben und wie ihnen entsprochen wird.

Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf. Viel zu oft dauern Verfahren sehr lange. Viel zu oft werden politische Motivationen, insbesondere rassistische und antisemitische, nicht umfassend ausermittelt und juristisch gewürdigt. Viel zu oft werden Verfahren eingestellt, weil beim Tatort Internet kein Verdächtiger ermittelt werden konnte. Viel zu oft müssen Betroffene um Anerkennung als solche kämpfen. Das alles ist seit langem bekannt – ohne dass das Justizministerium einen Weg gezeigt hätte, wie die Arbeit der Staatsanwaltschaften verbessert werden kann, wie sie entsprechend der Anforderungen bedarfsgerecht ausgestattet werden und wie die seit Jahren existierende, aber ungenügend umgesetzte, Richtlinie zum Umgang mit politisch motivierten Straftaten endlich greifen könnte.

Erneut belegt ist auch der dringende Handlungsbedarf im Umgang von Versammlungsbehörden und Polizei im Umgang mit sog. Coronaleugnerdemos. Immer wieder werden hier Auflagen nicht umgesetzt, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen hätte. Immer wieder werden Menschen, die beobachten und dokumentieren, angegriffen. Immer wieder erfahren diese aufs Engste mit der rechten Szene verwobenen Demos und ihre Akteure Ermächtigung durch das Agieren der zuständigen Behörden. Auch hier besteht dringender Handlungsbedarf, den die Landesregierung vernachlässigt und stattdessen höchst bedenkliche Vorschläge zur allgemeinen Einschränkung des Versammlungsrechtes präsentierte. Zudem spielt die Frage der Ausstattung, Qualifizierung und Zahl der eingesetzten Polizeibeamten im Bereich der Internetkriminalität eine noch größere Rolle. Die Erfahrung zeigt, dass die Reviere und Inspektionen ungenügend ausgestattet sind und für diese Aufgaben nicht gut gewappnet.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Das Zurückdrängen der extremen Rechten – gesellschaftlich, politisch, behördlich - war eine der zentralen Herausforderungen der zu Ende gehenden Legislatur des Landtages. Die bisherigen Maßnahmen bleiben viel zu oft bei wortreichen Erklärungen stehen, ohne die notwendigen politischen Entscheidungen zu treffen und konkrete Maßnahmen zu veranlassen. Umso mehr steht diese Herausforderung für den neuen Landtag und die neue Legislaturperiode.«