»Enthemmte Mitte« – Zur neuen Sichtbarkeit rechter Einstellungen

Birke Bull

Zur heute von der Universität Leipzig vorgestellten »Mittestudie« erklärt die Landesvorsitzende, Birke Bull: Viele der Befunde sind erschreckend, aber nicht neu. Der Anteil von Personen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild sinkt sogar. Dennoch ist viel passiert in den letzten zwei Jahren. 2014 konnten die Leipziger Forscher noch von der »stabilisierten Mitte« sprechen. Dagegen titelt die heute veröffentlichte Studie mit der »Enthemmten Mitte«. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen feiern europaweit Siege. Die Mitte der Gesellschaft zeigt sich, so die Autoren, nicht als »Schutzraum der Demokratie, sondern aus ihr kann ein großes antidemokratisches Potenzial erwachsen«.

Zur heute von der Universität Leipzig vorgestellten »Mittestudie« erklärt die Landesvorsitzende, Birke Bull: Viele der Befunde sind erschreckend, aber nicht neu. Der Anteil von Personen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild sinkt sogar. Dennoch ist viel passiert in den letzten zwei Jahren. 2014 konnten die Leipziger Forscher noch von der »stabilisierten Mitte« sprechen. Dagegen titelt die heute veröffentlichte Studie mit der »Enthemmten Mitte«. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen feiern europaweit Siege. Die Mitte der Gesellschaft zeigt sich, so die Autoren, nicht als »Schutzraum der Demokratie, sondern aus ihr kann ein großes antidemokratisches Potenzial erwachsen«.

Nicht Zunahme, sondern Offenlegung durch neue Akteure Pegida und AfD

Die Entwicklung ist primär nicht durch die Zunahme von rechten und rassistischen Einstellungen beschreibbar. Viel mehr muss von Radikalisierung und Offenlegung auf der Handlungsebenen Gewalt, Organisierung und Wahlverhalten gesprochen werden. Pegida und die AfD ziehen Menschen mit rechtsextremen Einstellungen an wie ein Magnet. In der AfD finden Rechtsextreme eine neue Heimat. Im Unterschied zur NPD strahlt die AfD allerdings über das Kernklientel der extremen Rechten hinaus. Die AfD, entstanden aus einem eurokritischen Impuls, ist bis weit in die Mitte wählbar geworden.

Die Abwertung einzelner Gruppen steigt, Muslime, Asylsuchende, Sinti und Roma, Homosexuelle werden als Menschen zweiter Ordnung betrachtet. Die Abwehr gegenüber Flüchtlingen hat das Nationalistische und Chauvinistische normalisiert und sagbar gemacht. Über 20 Prozent stimmen der Aussage zu, »Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert.« Das sind fünf Prozent mehr als 2014. Rechts sein wird mit neuem Selbstbewusstsein vertreten und als historisch befreiter Lösungsansatz inszeniert.

Polarisierung und Radikalisierung

Die Studie gibt auch Hinweise darauf, die Debatte um die Rechtsentwicklung in der Gesellschaft um die Dimension der Demokratiedefizite zu schärfen. Rund 90 Prozent der AfD–Anhänger verbinden Zeitungen, Radio und Fernsehen mit dem Gedanken an »Lügenpresse«. Und die Ergebnisse beschreiben die Rechtsentwicklung nicht als Trend, sondern als Polarisierung. Das Antidemokratische ist sichtbarer geworden, radikaler, gewaltbereiter und offener. Das Potential, das die AfD abschöpft und anheizt, ist nicht neu entstanden, es war schon immer vorhanden.

Streitbare Demokratie entwickeln

Wir alle sind gefragt, in dieser Auseinandersetzung und in der Verteidigung liberaler Werte und einer offenen Gesellschaft. Demokratie muss sich neu bewähren, sowohl als soziales Versprechen als auch in ihrer Überzeugungskraft gegenüber den Schwankenden.