Wir haben ein Rassismusproblem

Matthias Höhn
Aktuell

Bundesgeschäftsführer, Matthias Höhn, heute morgen zur mdr-Wahlumfrage auf Facebook: Die heutige Umfrage zu Sachsen-Anhalt sollte niemanden überraschen. Gänzlich unaufgeregt kann man sich der Frage nach einer künftigen Regierungsmehrheit zuwenden: Drei Prozent muss r2g dem CDU-AfD-Block in den nächsten vier Wochen wieder abnehmen – das ist schaffbar!

Bundesgeschäftsführer, Matthias Höhn, erklärte zur mdr-Wahlumfrage heute morgen auf Facebook: Die heutige Umfrage zu Sachsen-Anhalt sollte niemanden überraschen. Gänzlich unaufgeregt kann man sich der Frage nach einer künftigen Regierungsmehrheit zuwenden: Drei Prozent muss r2g dem CDU-AfD-Block in den nächsten vier Wochen wieder abnehmen – das ist schaffbar!

Andere Fragen, die nach dem, was sich hier eigentlich grundsätzlich abbildet, sollten uns intensiver beschäftigen, und übrigens nicht nur Politikerinnen und Politiker. Jeder dritte Jung- und Erstwähler würde gerade AfD in Sachsen-Anhalt wählen, so die Umfrage. 

Wir haben ein Rassismusproblem. Lange genug ist darüber nicht geredet worden, und ja, es ist im Osten größer. Gegen die Abwertung von Menschen, die in weiten Teilen der sachsen-anhaltischen Gesellschaft gar nicht zu finden sind, helfen nur Gegenwehr, Aufklärung und einen vielfältigen Lebensalltag zur Selbstverständlichkeit zu machen. (Wenn übrigens die CDU im Land mitteilt, Kinder mit Behinderungen müssten soweit wie möglich aus den Regelschulen rausgehalten werden, ist das genau das Gegenteil.)

Neben dem Rassismusproblem gibt es jedoch noch etwas anderes: eine dramatische Repräsentationslücke. Und wenn wir uns fragen, woher sie kommt, sollte »etablierte« Politik einen Blick darauf werfen, welche Entscheidungen in den letzten Monaten und Jahren unsere Gesellschaft verändert haben. Immer mehr sind draußen, immer weniger gehören dazu. 

Wenn immer mehr Enkel sehen, dass ihre Großeltern von ihrer Rente nicht leben können, welche Zukunftsaussichten sehen diese jungen Leute wohl für sich? Wenn Verantwortliche in Bund und Land seit Monaten den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung herbeireden, welche Lösungskompetenz der demokratischen Parteien soll damit vermittelt werden? Wenn demokratische Politik sich immer weiter selbst beschneidet und wichtige Entscheidungen außerhalb der gewählten Gremien fallen, wer soll diese Politik noch ernst nehmen? Wenn Abgeordneten die Einsicht in wichtige Dokumente verwehrt wird und gesellschaftsverändernde Verträge irgendwo geheim verhandelt werden, wer will dann noch von Vertrauen reden? Wenn 20 Jahre Entstaatlichung gepredigt wird, wer erwartet dann noch Zuverlässigkeit staatlichen Handelns? Wenn in Europa vor allem durch Deutschland über Jahre der nationale Egoismus exekutiert wird, wer erwartet dann Solidarität?

Das alles ist gesellschaftliche Realität in diesem Land, seit vielen Jahren. Es war und ist Mainstream, übrigens auch in den Medien. Nichts davon ist in vier Wochen Wahlkampf zu beheben, aber wenn wir gemeinsam nicht anfangen, uns diesen Fragen ernsthaft zuzuwenden, wird ein immer größerer Teil der Gesellschaft für die Demokratie verloren gehen, und irgendwann ist sie selbst uns allen verloren gegangen.